Zukunftsfitte Sanierung: „Alle haben mitgeholfen“
Das 2-Familienhaus von Beate und Paul sowie Tochter Aurelia mit Christian und ihren drei Kindern ist wunderbar verwinkelt und ineinander verbunden, verzichtet dennoch nicht auf individuellen Wohnraum und Privatsphäre. Mittlerweile beherbergt es die 4. Generation.
Das Gebäude in Wolfurt wurde 1958-60 errichtet und 1981 erstmals für Paul und Beate erweitert. 2022 erfolgte ein weiterer Zubau. Das Projekt überzeugt nicht nur im Umgang mit Bestand und Boden, sondern auch mit seinem Fokus auf Bauökologie und der Wahl Erneuerbarer Energieträger. Mit einem erfrischenden Blick aufs Wesentliche zeigt es, wie durch sukzessive Adaptionen und durch Eigenleistung eine Sanierung und Nachverdichtung leistbar sein kann.
Gut geplant ist halb saniert
Aurelia und Paul hatten bereits Erfahrungswerte durch eine, einige Jahre zuvor gemeinsam, sanierte Wohnung. Den Anstoß dazu, über eine mögliche Nachnutzung und Erweiterung des Wohnhauses nachzudenken, gab Paul. 2019 fiel die gemeinsame Entscheidung zum Zubau für Aurelia und Christian.
Die Planungsphase verlief dann länger und durchlief mehrere Abstimmungsrunden – das war gut investierte Zeit. Unser Planer hat viele Ideen eingebracht – so etwa auch die Umsetzung von drei Stockwerken.Christian Kohler
Auf den Bildern zu sehen ist das erstmals bezugsfertige Haus im Jahr 1960, nach dem Zubau 1981 mit zusätzlicher Dämmung und frischem Verputz, und nach der Fertigstellung des Zubaus im Jahr 2023.
Jeder hat seinen bestmöglichen Beitrag geleistet
Vom Elektrischen, über alle Wandaufbauarbeiten, bis hin zu Abbrucharbeiten, Verputzen oder dem Einbau der kontrollierten Be- und Entlüftung hat die Familie sehr vieles in Eigenregie gestemmt. Und sogar bei der Fassade und der Decke mitgeholfen. Wo irgendwie möglich, haben alle mitgearbeitet – für den mittlerweile pensionierten Paul etwa bedeutete das immerhin beachtliche 1 ½ Jahre Vollzeitjob am Bau.
Jeder hat mitgeholfen und seinen bestmöglichen Beitrag geleistet.Beate Hinteregger
Sehr zufrieden waren die Bauleute allerdings auch mit ihren Handwerksbetrieben, die teilweise bereits beim ersten Erweiterungsbau 1981 involviert waren. "Wir hatten sehr gute und zuverlässige Handwerker, die immer parat waren, wenn es dringend nötig war," sind sich die Familienmitglieder einig.
Der Zubau 2022: eigenständig und verbunden
Entstanden ist so der 6 Meter lange Zubau von Aurelia und Christian. Eine Massivholz Konstruktion, die in Kreuzlagenholz-Modulen und Sichtqualität der Innenseiten ausgeführt wurde. Für ein einheitliches Gesamtbild wurde die Holzuntersicht des Bestanddachs mittels Sandstrahler bearbeitet. Der Bestand wurde zusätzlich gedämmt, das gesamte Gebäude mit einem Holzschirm versehen und so zu einer Einheit verschmolzen.
Seit 2023 sind es nun zwei Einheiten zu je ca. 160 m², welche über 3 Stockwerke verteilt und über ein zweites schallentkoppeltes Stiegenhaus getrennt sind. Alles ist klar parifiziert. Bestehende Verbindungstüren werden ausschließlich dann verwendet, wenn beide Parteien – also Großeltern Paul und Beate sowie deren Tochter Aurelia und Schwiegersohn Christian mit Kindern – beieinander sind.
Eine einladende Fensterbank lädt zum spontanen Flanieren ein. Der eigentliche Übergang zum Bestandsgebäude ist hier nicht mehr ersichtlich, denn das bestehende Gemäuer wurde in aufwändiger Handarbeit mit Holz nachverkleidet.
Wertschätzung von Bestand und Material
Bereits die ersten Schritte während des Rundgangs durch die zwei Einfamilienhäuser lässt den Bezug zum Bestand und zur eigenen Geschichte erahnen. Einige Gegenstände erzählen besondere Geschichten: Ein stolzer Holzkasten (Besitzer sind bis 1812 nachvollziehbar) etwa, der schon laut (Ur-)Großmama „seinen Lebtag im Gebäude verbringen sollte“ oder das Gästebett im 3. Stock – ein Erbstück, das aufgrund seines Gewichts sogar mit dem Kran nach oben transportiert wurde, wie Aurelia erzählt.
Im früheren „Stüble“ der (Ur-)Großmama befindet sich nun das Elternschlafzimmer, über der Küche ist das Schlafzimmer der (Groß-)Eltern. Auf Schallisolation wurde daher im ganzen Gebäude sehr viel Wert gelegt.
Auch in den oberen Geschossen wurden die Holzmodule in Sichtqualität belassen, was den Räumen einen besonders gemütlichen Charme verleiht.
Umweltschutz als treibende Kraft
Ein Fokus der Familie lag vor allem auf der Bauökologie sowie der Wiederverwendung von Materialien. Die verwendete Fichte stammt aus der Region, ein Teil der Fenster wurde wiederverwendet und auch in Sachen nachhaltige Dämmung ist Aurelia überzeugt, die richtige Entscheidung getroffen zu haben.
Wir haben uns für 24 cm Holzfaserdämmung für die Außenhülle des Zubaus entschieden. Denn, was nicht gleich an Dämmung gemacht wird, machst du später auch nicht mehr.Aurelia Kohler
Der Vorplatz wurde mit versickerungsfähigen Pflastersteinen errichtet – so wird das Pflanzenwachstum zwischen den Steinen ermöglicht. Die Fläche links unten wird mit Schotterrasen gefüllt, damit eine befahrbare Grünfläche entsteht.
Erneuerbare Energieträger: Mehr Fläche Weniger Verbrauch
Das Umweltschutz der Familie sehr am Herzen liegt, ist auch sehr schnell bei der Wahl der Energieträger ersichtlich.
1991 bereits errichtete Paul als Teil der ersten Solaranlagen-Selbstbaugruppe eine Thermische Solaranlage für die Warmwasseraufbereitung (siehe Bild unten) – diese ist heute noch in Betrieb.
Mit einer PV- und einer Solaranlage, einer Wärmepumpe sowie einer Stückholzheizung sind die Familien in Sachen Energie krisensicher: 1993 erfolgte bereits der Wechsel von Öl auf Stückholz, 2019 wurde die Grundwasser-Wärmepumpe installiert.
Die im September 2022 errichtete PV Anlage 16kWp / 80m2 mit Energiespeicher 19kWh (September 2022) wurde im November bereits auf 20kWp / 100m2 mit zusätzlichem Energiespeicher 19kWh (insgesamt 38kWh)) erweitert. Nun können wir das Doppelte speichern und speisen darüber hinaus noch ein.Paul Hinteregger
Nach dem Zubau hat das Gebäude nun zwar mehr Fläche, weist aber weniger Verbrauch auf: bei 290m² waren es 44.500 kWh/a; nach dem Zubau für 494m² sind es 18.000 kWh/a.