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Emissionen sinken, aber noch nicht schnell genug

Monitoringbericht zur Energieautonomie+ 2030

Am 5. Mai 2021 beschloss der Vorarlberger Landtag einstimmig die Strategie Energieautonomie+ 2030 mit ambitionierten Energie- und Klimaschutzzielen. Das Jahr 2021 brachte trotz noch nicht überwundener Pandemie einen erneuten wirtschaftlichen Aufschwung, was sich auch im vorliegenden Monitoringbericht 2023 niederschlägt, der die Entwicklung von Energieverbrauch und Treibhausgas-Emissionen sowie die Einhaltung der Etappenziele der Energieautonomie+ 2030 darstellt. 2021 ist zugleich das jüngste Jahr, für das derzeit auf Bundes- und Landesebene qualitätsgeprüfte Energie- und Emissionsdaten vorliegen. Der Endenergieverbrauch in Vorarlberg war um acht Prozent höher als im Basisjahr 2005. Die Treibhausgas-Emissionsmenge sank von 2005 bis 2021 um 13 Prozent. Das Etappenziel betreffend 100 Prozent erneuerbarer Strom wurde 2021 erreicht. Um aber auch die Vorgaben betreffend Treibhausgase und eines 50-Prozent-Anteils heimischer (erneuerbarer) Energieträger zu schaffen, sind zusätzliche Anstrengungen notwendig.

Der heurige Sommer mit Rekordtemperaturen auf der ganzen Welt zeigt, dass die Bekämpfung der Klimakrise keinen Aufschub mehr duldet.Daniel Zadra, Energie- und Klimaschutzlandesrat

Die Vorarlberger Landesregierung will daher weitere Akzente vor allem in den Bereichen Ökostrom und Ölausstieg sowie bei der E-Mobilität setzen.

Das Jahr 2021 war geprägt von einer Zunahme der wirtschaftlichen Produktion und des Verkehrs sowie durch einen im Vergleich zum Jahr davor erhöhten Heizbedarf aufgrund tieferer Temperaturen. Im Zeitraum 2005–2021 haben sich wichtige Einflussgrößen auf den Energieverbrauch in Vorarlberg sehr dynamisch entwickelt:

Bevölkerung: +39.000 Personen = +11 Prozent
Zugelassene Pkw: +51.000 Pkw = +30 Prozent
Wohnfläche: +3,6 Millionen m2 = +20 Prozent
Bruttoregionalprodukt: +8,2 Milliarden Euro = +80 Prozent
Produktionsindex Wirtschaft: +69 Prozent

Anteil heimischer (erneuerbarer) Energieträger noch knapp hinter der Vorgabe

2021 wurden in Vorarlberg 9.966 GWh an Endenergie (exkl. Kraftstoffexport) verbraucht – um zehn Prozent mehr als im Jahr davor und um acht Prozent mehr als im Basisjahr 2005. Der größte Verbrauchsanteil entfiel auf den Sektor Gebäude (53 Prozent), gefolgt von Industrie (25 Prozent) und Verkehr (20 Prozent). Der Energieverbrauch konnte zu 44 Prozent aus heimischen Energiequellen gedeckt werden. Das Etappenziel von 47 Prozent wurde damit – wenn auch knapp – verfehlt. Bis 2030 sollen 50 Prozent der Energie aus heimischen (erneuerbaren) Energieträgern stammen.

„Pandemie-Effekt“ bei der Reduktion der Treibhausgase

Die Treibhausgas-Emissionsmenge Vorarlbergs sank von 2005 bis 2021 um 13 Prozent auf rund 2,1 Millionen Tonnen CO2-Äquivalent. Doch von 2020 auf 2021 stiegen die Emissionen um 5,2 Prozent. Hauptverantwortlich dafür sind Zunahmen des fossilen Energieverbrauchs in den Sektoren Gebäude, Industrie und Verkehr. Das Ende des „Pandemie-Effekts“ zeigt sich damit auch bei den Treibhausgasen. In den Sektoren Energie, Abfallwirtschaft und Fluorierte Gase kam es in diesem Zeitraum zu Emissionsreduktionen. Die wesentlichen Verursacher von Treibhausgas-Emissionen waren die Sektoren Verkehr (43 Prozent), Gebäude (22 Prozent) und Industrie (17 Prozent). Die Emissions-Höchstmenge gemäß Zielpfad wurde um elf Prozent überschritten. Das Ziel bis 2030 besteht in der Halbierung des Treibhausgasausstoßes gegenüber 2005.

Genau auf Kurs beim Anteil erneuerbarer Energie an der Stromversorgung

2021 wurden in Vorarlberg 2.808 GWh an elektrischer Energie an Endkund:innen abgegeben, um zwölf Prozent mehr als im Jahr 2005. Der Zuwachs fand vor allem in der Industrie statt (+22 Prozent). Rund 87 Prozent der Netzabgabe elektrischer Energie konnten aus heimischen Erzeugungsanlagen gedeckt werden, vor allem aus Wasserkraftanlagen. Dem Ziel einer zu 100 Prozent erneuerbaren Stromproduktion hat sich Vorarlberg bei gleichgebliebener Wasserkraftproduktion wie im Vorjahr durch einen Rekordausbau bei der Photovoltaik weiter angenähert. Der Zielwert für das Jahr 2021 wurde exakt erreicht.

Positive Entwicklungen und Erfolge …

Insgesamt lassen sich aus den Leistungsindikatoren im Monitoringbericht zur Energieautonomie+ 2030 eine Reihe positiver Entwicklungen und Erfolge ableiten:

  • Nach 2021 verzeichnete Vorarlberg auch 2022 einen Rekordzubau an Photovoltaik in Höhe von 30 MW/Jahr.
  • Vorarlberg war im Jahr 2022 bei den Zulassungen für E-Pkw Spitzenreiter mit einem Anteil von 20,34 Prozent (die zweithöchste Zulassungsquote verzeichnete Salzburg mit 18,1 Prozent). Ende Dezember 2022 waren auf Vorarlbergs Straßen fast 6.500 Pkw mit Elektroantrieb unterwegs.
  • Nach der positiven Förderzusage im Sommer zur Anschaffung von 56 E-Bussen wächst die E-Flotte im öffentlichen Verkehr weiter zügig an. 2025 wird Vorarlberg mit insgesamt 108 Elektrobussen das größte E-Bus-Bundesland Österreichs sein.
  • 81.100 verkaufte Jahreskarten im Vorarlberger Verkehrsverbund.
  • Die Nah- und Fernwärme wurde auf ein neues Niveau gehoben. Derzeit sind ca. 140 Anlagen in Betrieb – vom sehr kleinen Netz bis zur Versorgung ganzer Ortszentren – und beliefern insgesamt rund 10.000 Gebäude. Zentraler Energieträger ist das Holz. Die Nahwärme ist daher eine wichtige Partnerin der heimischen Forstwirtschaft.
  • Trotz immer mehr Geräten und einem steigenden Stromverbrauch für Wärme verzeichnet Vorarlberg seit 2005 eine Senkung des Stromverbrauchs pro Haushalt um zehn Prozent.
  • Immer mehr Haushalte wollen einen Beitrag leisten. Das steigende Interesse an „handfesten“ Maßnahmen zeichnet sich auch in der Energieberatung ab: Stand seit Jahren die Beratung rund um den Heizungstausch unangefochten an der Nachfragespitze, holen mittlerweile Beratungsanfragen zur Gebäudesanierung oder zu PV-Anlagen deutlich auf.
  • Im Zeitraum 2005–2021 stieg der Energieverbrauch der Industrie um neun Prozent, der Produktionsindex aber um 69 Prozent. Damit konnte der Energieverbrauch pro Produktionsoutput auf knapp zwei Drittel des Ausgangswerts von 2005 gesenkt werden.
  • In der Landwirtschaft werden bereits 62 Prozent des Energiebedarfs aus heimischen Energien gedeckt. Die bestehende Förderung für Photovoltaik auf Bauernhöfen wird sehr gut angenommen.

… aber auch anhaltende Herausforderungen

  • Im Gebäudesektor nahmen der Energieverbrauch und die Treibhausgas-Emissionen zuletzt wieder zu. Gründe sind ein starker Neubau, eine tendenziell zu geringe Sanierungstätigkeit und ein bis vor kurzem wachsender Anteil an Gasheizungen.
  • Im Sektor Verkehr sind deutliche Zuwächse bei Fahrradfahrten, dem Absatz von Jahreskarten für den öffentlichen Verkehr und bei Elektromobilität feststellbar, dennoch steigen die Treibhausgas-Emissionen des Pkw- und Lkw-Verkehrs an.
  • Im Sektor Industrie hat das Wirtschaftswachstum zu einem erhöhten Einsatz von Gas geführt, der sich auch in höheren Treibhausgas-Emissionen niederschlug. Um die in den Zielsetzungen der Energieautonomie für die Industrie hinterlegte Entkoppelung von Energieverbrauch und Treibhausgas-Emissionen zu erreichen, sind zusätzliche Anstrengungen zum Ersatz von Gas durch andere Energieträger wie z. B. Strom notwendig.

Die zahlreichen geplanten und bereits umgesetzten Maßnahmen auf Bundesebene vom Klimaticket über die Ökosteuerreform bis hin zu den massiv aufgestockten Förderungen für den Heizungstausch, für die Dekarbonisierung der Wirtschaft und Industrie und den öffentlichen Verkehr wirken und haben großes Potenzial. Wenn alle Maßnahmen inklusive des Erneuerbaren-Wärme-Gesetzes und des Klimaschutzgesetzes umgesetzt werden, können die Emissionen bundesweit und auch in Vorarlberg bis 2030 um 35 Prozent sinken.
Um die Ziele der Energieautonomie+ 2030 bis 2030 bei den Treibhausgasen zu erreichen, sind zusätzliche Anstrengungen auf allen Verwaltungsebenen notwendig, die weitere 15 Prozentpunkte an Emissionsreduktion bringen müssen.

Im Bereich Energie will Vorarlberg hier folgende zusätzliche Akzente setzen:

Ausbau der Stromerzeugung aus erneuerbarer Energie:

  • Das Projekt Lünerseewerk II befindet sich derzeit in der detaillierten Projektentwicklung. Diese wird voraussichtlich Ende 2024 abgeschlossen. Dann starten die Detailplanungen zur Umweltverträglichkeitsprüfung. Lünersee II ist ein Projekt von europäischer Bedeutung, das praktisch keine Auswirungen auf die CO2-Bilanz Vorarlbergs hat.
  • Derzeit sind insgesamt 14 Kleinwasserkraftwerksprojekte in Prüfung bzw. Planung (KAT B bzw. C). Das zusätzliche Regelarbeitsvermögen beträgt rund 57 GWh.
  • Beim Projekt Kraftwerk Lochau wird derzeit geprüft, inwieweit und unter welchen Voraussetzungen eine Bearbeitung parallel zum Projekt Lünerseewerk II möglich ist.
  • Die Photovoltaik wird seit 1. Jänner 2023 mit drei zielgerichteten Förderungen unterstützt. Das Land fördert dabei zusätzlich zur Bundesförderung die Errichtung von PV auf Bauernhöfen und auf versiegelten Flächen (z. B. Parkplätze) sowie die Prüfung tauglicher Industriegebäude.

Nutzung von Nahwärme:

Die Nutzung von heimischem Holz zur Stärkung der Energieautonomie bleibt auch 2023/24 ein wichtiges Betätigungsfeld. Folgende Nah- und Fernwärmeversorgungsprojekte befinden sich derzeit im Planung bzw. Umsetzung:

  • Dornbirn: Nahwärme Hämmerle
  • Bregenz/Wolfurt: Nahwärme Weidach
  • Lustenau: Nahwärme
  • Feldkirch: Nahwärme Zentrum
  • Bludenz/Bürs: Nahwärme
  • Bregenz: Seehallenbad/Festspielbezirk (Seewassernutzung)

Raus aus Öl und Gas:

  • Im Neubau und bei größeren Sanierungen gelang zuletzt eine Einbremsung des Zubaus fossiler Energieträger auf rund zwölf Prozent Gas bei neuen Gebäuden und 17 Prozent Öl und Gas bei Sanierungen. Diesen – wiewohl geringen – Zuwachs gilt es auf Null zu reduzieren.
  • Derzeit sind noch rund 38.000 Gas- und 24.000 Ölkessel in Betrieb, die dem Klima einheizen. Für deren Ersatz stehen umfangreiche Förderprogramme von Land und Bund bereit: Private Haushalte bekommen beim Tausch eines alten Ölkessels 7.500 Euro Bundesförderung. Für den Umstieg von einer Gasheizung gibt es 9.500 Euro. Vom Land Vorarlberg gibt es jeweils rund 4.000 Euro zusätzlich.
  • Förderwerber mit einem Haushaltseinkommen in den untersten beiden Einkommensdezilen erhalten im Rahmen der Förderaktion „Sauber Heizen für alle“ 100 Prozent der förderfähigen Kosten.

E-Mobilität:

  • Ziel ist es, den Spitzenplatz bei den Zulassungen für die E-Mobilität auch 2024 wieder zu erobern und im Idealfall diese Führung weiter auszubauen.
  • Um das zu erreichen, gibt es Beratungsangebote wie das „Netzwerk Wirtschaft.MOBIL“, aber auch gezielte Förderungen im Bereich der Ladeinfrastruktur von Mehrwohnungshäusern sowie eine Förderung von E-Autos im öffentlichen Interesse und von Nutzfahrzeugen.
  • Für den öffentlichen Verkehr wird 2023 eine weitere Tranche an E-Bussen angeschafft.

Energiesparen:

  • Die Gaskrise ist noch nicht vorüber. Energiesparen und der Ausbau heimischer erneuerbarer Energie in Österreich und in Vorarlberg bleiben daher die Königswege in die Energieautonomie und für den Klimaschutz.
  • Weil dem Senken des Energiebedarfs auf dem Weg zur Energieautonomie eine zentrale Rolle zukommt, wird sich die jährliche Kampagne der Energieautonomie im Herbst dem Energiesparen widmen.
  • Am 11. Oktober findet zudem eine große Fachtagung zur Energieautonomie+ im Festspielhaus statt, auf der sich Expertinnen und Experten darüber austauschen, wie sie die Energieautonomie unterstützen können. Details dazu hier.
  • Gemeinsam mit dem Energieinstitut Vorarlberg, weiteren Projektpartnern und Unternehmen werden in einem von der EU geförderten Schwerpunktprojekt über mehrere Jahre konkrete Do-it-yourself-Maßnahmen zur Senkung des Energiebedarfs für Bürgerinnen und Bürger in den Fokus gerückt. Das Projekt startet im Sommer, erste Angebote wird es im kommenden Jahr geben.
Weitere Details zum Monitoringbericht der Energieautonomie+