Logo
Käse, Kreislaufwirtschaft und zukunftsfitte Energieerzeugung
Markus Gmeiner

Käse, Kreislaufwirtschaft und zukunftsfitte Energieerzeugung

In traumhafter Lage - mit atemberaubendem Blick auf die Kanisfluh - liegt der Hof von Lucia und Daniel Flatz. Mit innovativen Ideen und einem klaren Ziel vor Augen – der Energieautonomie – zeigen sie, wie Kreislaufwirtschaft und nachhaltige Landwirtschaft funktionieren können.

Markus Gmeiner

Seit 2023 führen Lucia und Daniel Flatz gemeinsam mit ihren Kindern David und Noah den Hof auf der Hilkat in Bizau. Der Biobetrieb (Seniorbauer Jakob war Gründungsmitglied bei Bio Austria) produziert seit 1996 Käsespezialitäten in der eigenen Hofsennerei – und ist Vorzeigebeispiel für nachhaltige Energiegewinnung und Direktvermarktung. Wir haben mit der Familie über ihre Schritte auf dem Weg zur Energieautonomie, Kreislaufwirtschaft und vieles mehr gesprochen.

In unserem Bestreben, im Einklang mit der Natur zu wirtschaften, haben wir uns zum Ziel gesetzt energieautonom zu werden.Lucia & Daniel Flatz

Welche Schritte habt ihr auf dem Weg zur Energieautonomie bereits gesetzt?

Daniel:
Wir haben die alte Ölheizung ersetzt und stattdessen eine Hackschnitzelanlage installiert, die nun das Wohnhaus, die Sennerei und den Stall mit Warmwasser versorgt. Die Ölheizung war nur für die Heutrocknung im Einsatz, das Wohnhaus, die Sennerei und der Stall wurden zuvor durch Strom mit Warmwasser versorgt.
Das Hackgut für die Hackschnitzelanlage stammt aus unserem eigenen Wald – das bedeutet für uns kurze Transportwege und eine nachhaltige Nutzung.
Außerdem haben wir auf dem Stalldach eine Photovoltaikanlage mit 150 kWp installiert. In Kombination mit unserer Dachabsaugung im Heustock bringt das gleich mehrere Vorteile.

Inwiefern?

Lucia:
Mit der Dachabsaugung in unserem Heustock wird die Luft, die nach der Heuernte durch den Heustock geblasen wird, aus dem Zwischenraum direkt unter dem Dach angesaugt. Diese Luft ist dann bereits von der Sonne erwärmt und bringt eine bessere Leistung bei der Heutrocknung.

Daniel:
In Kombination mit der neuen PV-Anlage wird die Luft für die Heutrocknung durch die PV-Module noch effizienter erwärmt - so kann das Heu noch besser trocknen. Gleichzeitig kühlt die Dachabsaugung die PV-Module von unten, wodurch die PV-Anlage mehr Leistung erbringen kann. Das ist eine echte Win-win-Situation.

Produziert ihr mittlerweile mehr Energie, als ihr selbst verbraucht?

Daniel:
Ja, durch die Kombination von Hackschnitzelheizung und PV-Anlage erzeugen wir mittlerweile einen Energieüberschuss. Diesen speisen wir über die Vorarlberger Bürgerenergiegemeinschaft und über die OeMAG ins Netz ein. Die Installation einer Wallbox für unser neues E-Auto ist bereits in Planung. Längerfristig hoffen wir darauf, ein E-Auto auch als Zwischenspeicher nutzen zu können.

Eure Photovoltaikanlage wurde teilweise über ein Bürgerbeteiligungsmodell realisiert – wie kam es dazu?

Lucia:
Als wir den Hof von meinen Eltern übernommen haben, wollten wir nicht nur energetisch neue Wege gehen, wir haben uns auch überlegt, wie wir neue Kund:innen gewinnen und halten können. Da kam die Idee mit der Bürgerbeteiligung auf. Einen Teil der PV-Anlage haben wir dann tatsächlich so finanziert.

Unsere Kund:innen konnten für je 500 Euro einen Anteil erwerben und erhalten nun sechs Jahre lang jährlich einen Einkaufsgutschein über 100 Euro.Lucia Flatz

Gab es Herausforderungen bei der Umsetzung?

Daniel:
Die rechtlichen Rahmenbedingungen sollte man tatsächlich nicht unterschätzen. Wir wurden dabei sehr gut von der AEEV beraten – etwa bei der Vertragsgestaltung und bei der Auswahl des passenden Beteiligungsmodells. Das war extrem hilfreich.

Welche Förderungen habt ihr genutzt?

Daniel:
Für die Hackschnitzelanlage erhielten wir Unterstützung über die KPC (Kommunalkredit Public Consulting), für die PV-Anlage gab es Fördermittel von der OeMAG und vom Land Vorarlberg. Das hat alles sehr gut funktioniert – dennoch bleibt natürlich ein hoher Eigenanteil. Aber langfristig ist das eine lohnende Investition, gerade für landwirtschaftliche Betriebe.

Markus Gmeiner

Energieautonomie ist das Eine – ihr lebt aber auch Kreislaufwirtschaft konsequent. Wie zeigt sich das im Alltag?

Lucia:
In vielen kleinen Schritten. Zum Beispiel in der Sennerei: Die Molke wird an unsere Schweine verfüttert – die leben im eigens gebauten Erdstall freuen sich riesig darüber.
Beim Fleischverkauf achten wir darauf, das gesamte Tier zu verwerten. Die Rindswürste etwa enthalten unser eigenes Fett (von den Schweinen), das sonst extra zugekauft werden müsste. Und unser Käsekeller ist in einen Hügel eingebaut – dadurch braucht es weniger Energie zum Kühlen. Außerdem nutzen wir das Regenwasser für die Aufbereitung der „Bschütte“.

Als wir die PV-Indach-Anlage auf dem Stall errichtet haben, konnten wir die „alten“ Ziegel vom Stall für unser neues Wohnhaus weiterverwenden – der Rest wurde verkauft.Lucia Flatz

Wie schafft ihr es, als kleiner Betrieb wirtschaftlich zu bestehen?

Lucia:
Wir setzen ganz bewusst auf mehrere Standbeine: Die Produktion von Bio-Produkten, eigene Verarbeitung, Direktvermarktung und jetzt auch die Energieerzeugung. Das gibt uns Unabhängigkeit und Sicherheit.

Nur auf Milch zu setzen, wäre uns zu riskant.Daniel Flatz

Wir produzieren grundsätzlich nur so viel, wie unser Heu reicht. Wir möchten nämlich nicht wachsen, sondern unsere Produkte zu einem fairen Preis verkaufen - unsere Kund:innen schätzen wie wir arbeiten. Vor Kurzem haben wir auch den neuen Selbstbedienungsladen direkt bei uns auf der Hilkat eröffnet.

Was sind eure nächsten Schritte?

Daniel:
In kürze erhalten wir unser erstes E-Auto. Eventuell kommt auch ein Stromspeicher dazu, bisher war das noch zu teuer. Außerdem würden wir - sofern es in Zukunft die Möglichkeit dazu gibt - weitere Einfamilienhäuser in der Nachbarschaft an unsere Hackschnitzelanlage anschließen. So würden wir die Anlage noch effizienter nutzen.

Factbox: Biohof Meusburger-Flatz, Bizau

  • Seit 1994 Bio-zertifiziert (Seniorbauer Jakob war Gründungsmitglied Bio Austria)
  • Produziert wird 365 Tage im Jahr (im Sommer sind die Kühe auf einer Alpe, dann wird der Käse dort erzeugt; das restliche Jahr wird selbst am Hof Käse erzeugt)
  • derzeit 18 Kühe (Großgehege, Laufstall)
  • 11 verschiedene Käsesorten
  • Direktvermarktung & Selbstbedienungsladen

Technische Details:

  • Hackschnitzelanlage: ausschließlich mit eigenem Holz

  • Kesselleistung: 110 kW

  • Hackschnitzelverbrauch: 130 srm /Jahr

  • 150 kWp PV-Anlage (teilweise über Bürgerbeteiligung finanziert)

  • Jahresleistung: ca. 130 000 kwh; davon ca. 20 % Eigenbedarf

  • Ca. 50 % vom Strombedarf im Jahr wird von der PV-Anlage bezogen

  • 25 000 kWh/Jahr werden zugekauft

Wo man die Kanisfluh nicht nur sehen kann
Markus Gmeiner

Wo man die Kanisfluh nicht nur sehen kann

Wer die „Kanisfluh“ nicht nur sehen, sondern (neben zehn weitern Käsesorten) auch kosten möchte, dem sei ein (Herbst)spaziergang zur Hilkat oberhalb von Bizau wärmstens empfohlen – zum Selbstbedienungsladen der Familie Meusburger-Flatz.