Klimaneutralität 2040 – eine Verpflichtung, keine Option
Die türkis-grüne Bundesregierung hat die Marschrichtung vorgegeben: Bis zum Jahr 2040 soll Österreich klimaneutral werden. Prof. Helga Kromp-Kolb, Mit-Initiatorin und Autorin des Referenzplans der Wissenschaft für den Nationalen Energie- und Klimaplan 2030, macht zugleich aber deutlich: Wir müssen, um dieses Ziel zu erreichen, in allen Bereichen die Anstrengungen erheblich verstärken. Die Basis um wirkungsvolle Maßnahmen zu beschließen – das Regierungsübereinkommen auf Bundesebene und das Arbeitsübereinkommen für Vorarlberg – seien gut, betont Landesrat Johannes Rauch. Nun seien nächste Schritte erforderlich. Beispiele? Der Einstieg in die ökologische Steuerreform auf Bundesebene, der Klimacheck auf Landes- und auf Bundesebene sowie rasche Anreize für den Ausstieg aus Öl.
Jänner 2020 zu warm und zu trocken
Kromp-Kolb ist eine der führenden Klimawissenschaftlerinnen des Landes. Ihre Analyse der gegenwärtigen Wetter- und Klimasituation fällt wie folgt aus:
- Einer der wärmsten Jänner der hochalpinen Messgseschichte! Auf den Bergen lag der Jänner 2020 laut ZAMG um 3,6 °C über dem vieljährigen Mittel und ist hier einer der drei wärmsten Jänner der Messgeschichte, hinter dem Jänner 1989 und ziemlich genau im Bereich von 1898. Höhere Temperaturen sind im Zuge der globalen Erwärmung grundsätzlich zu erwarten.
- Deutlich zu trocken! Im Großteil Österreichs war der Jänner 2020 deutlich zu trocken. Niederschlagsabweichung in Vorarlberg laut ZAMG um 42 Prozent unter dem langjährigen Mittelwert. Wegen der Hochdrucklagen 2020 geht mit den erhöhten Temperaturen auch Trockenheit Hand-in-Hand. Es genügt aber nicht, sich einzelne Monate anzusehen, um den Klimawandel festzumachen. Einzelne Ausreißer gab es auch früher, wie die Temperatur 1898 zeigt. Der Temperaturanstieg ist seit den 1970er Jahren in Westösterreich sehr deutlich ausgeprägt, und liegt bereits über 2°C, gegenüber vorindustriellen Niveau bei rund 2,5°C. Das Beunruhigende ist, dass erwartet werden muss, dass die Erwärmung immer rascher erfolgen wird.
„Die Klimakrise ist auch in Österreich in Form zunehmender Wetterextreme und Klimarekorde spürbar. Die Notwendigkeit zu handeln wurde von der Politik, der Wirtschaft und der Bevölkerung erkannt. Was aus Sicht der Wissenschaft vielen noch nicht bewusst ist, ist die Eile, die bei der Bekämpfung des Klimawandels geboten ist. Die Entscheidung, ob das Klima stabilisiert wird oder nicht, fällt jetzt“, analysiert Kromp-Kolb.
Kromp-Kolb ist sich sicher: Die zentrale Maßnahme ist die sozial-ausgewogene Bepreisung von CO2 und Energie. "Erst wenn klimafreundliche Energieträger, Mobilitätssysteme, Nahrungsmittel etc. die einfachste und auch wirtschaftlich die günstigste Option für die Menschen sind, können wir Klimaneutralität erreichen“, betont sie.
Die aktuellen Maßnahmen der MissionZeroV:
Projekt „Sonnenkindergärten“
40 Jahre nach dem „Nein“ zu Zwentendorf unterstützt das Land Vorarlberg 40 Sonnenkindergärten in Vorarlbergs Städten und Gemeinden bei der Errichtung von Photovoltaikanlagen. Zusätzlich stellt das Land ein umfangreiches Paket für die Pädagoginnen und Pädagogen zur Verfügung, um gemeinsam mit den Kindern spielerisch die Energie der Sonne kennen zu lernen und zu erforschen.
Projekt „klimaverträglich Leben im ländlichen Raum“
In der Energieregion Vorderwald haben bereits im Mai 2019 64 Personen an diesem Klimaexperiment "Paris-Vorderwald" teilgenommen. Als nächstes wird es "Paris-AmKumma" heißen. Im Oktober sollen in in den Kummenberg-Gemeinden 12 Haushalte den Praxistest versuchen. Einen Monat lang wird versucht das Leben so anzupassen, dass die Pariser Klimaziele erreicht werden könnten.
Förderung E-PKW im öffentlichen Interesse
Die Elektromobilität spielt im Rahmen der Erreichung der Ziele der Energieautonomie 2050 eine wichtige Rolle. Vom Ausbau der Ladeinfrastruktur über den Einsatz batterieelektrischer Busse bis hin zum Ausbau erneuerbarer Energien.
Förderung E-Taxis und E-Fahrzeuge zum gewerblichen Personentransport
Die Elektromobilitätsstrategie 2015 bis 2020 ist ein wichtiger Mosaikstein zur Erreichung des Ziels der Energieautonomie 2050 - deshalb wird neben dem privaten und dem öffentlichen Bereich auch die Anschaffung von E-Autos des gewerblichen Personentransport unterstützt.
Unterstützung „Bürgerbeteiligungsprojekte für den Klimaschutz"
Mit der Richtlinie Bürgerbeteiligung für Klimaschutzprojekte 2020 soll die die Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern an klimaschutzrelevanten Projekten forciert werden. Denn nur dem Engagement von Bürgern ist Klimaschutz im nötigen Ausmaß und der erforderlichen Akzeptanz möglich und erfolgreich.
Unser Ziel für Vorarlberg lautet, dass ab 2021 keine Ölkessel mehr installiert werden.Landesrat Johannes Rauch
Energieautonomie Vorarlberg – Herausforderungen bis 2030
- Energieautonomie: Der Prozess der Energieautonomie wird in eine neue Phase überführt. Der Prozess für die Umsetzungsperiode 2020 bis 2030 ist in vollem Gange, die Ergebnisse werden im Herbst vorliegen. Im eigenen Wirkungsbereich des Landes will man mit der #MissionZeroV zeigen, dass Klimaneutralität bis 2040 möglich ist. „Klimaschutz muss prioritär werden in Bund und Land. Wir haben keine Zeit mehr zu verlieren", betont LR Rauch.
- Neubauten in Niedrigenergiebauweise und Gesetzescheck Energieautonomie und Klimaschutz: Es gilt rasch sicherzustellen, dass Neubauten im Sinne der Energieautonomie gestaltet werden. Mit Hilfe der Optimierung der baurechtlichen Rahmenbedingungen sowie der Wohnbauförderung sollen Neubauten grundsätzlich nur mehr als Niedrigenergiegebäude ausgeführt werden. Auch die Umsetzung des Gesetzescheck Energieautonomie und Klimaschutz soll rasch angegangen werden.
- Aus für Ölheizungen ab 2021: Das Ziel für Vorarlberg ist klar – bis 2021 sollen keine Ölkessel mehr installiert werden. Die bestehenden Ölkessel (derzeit ca. 27.000) sollen sukzessive bis 2030 halbiert werden. Der dafür notwendige Tausch von rund 1.350 Kesseln pro Jahr in Vorarlberg ist ambitioniert aber realistisch, wie das Jahr 2019 zeigte. Im Jahr 2019 konnten durch die kombinierte Förderung des Bundes und des Landes Vorarlberg pro getauschten Ölkessel bis zu 11.000 Euro an Förderung bezogen werden. In den rund 4 Monaten, in denen die Kombiförderung verfügbar war, wurden rund 500 Kessel getauscht. Hochgerechnet auf das Gesamtjahr scheinen 1.350 Kessel bei angemessenen Fördersätzen in Reichweite. Das Bundesregierungsprogramm geht beim Ölausstieg noch weiter und plant ein vollständiges Aus bis 2035, was für Vorarlberg eine Austauschrate von 1.800 Kesseln pro Jahr erfordern würde.
- Dächer werden Kraftwerke – Photovoltaik mal Drei: Laut Regierungsprogramm des Bundes sollen in 10 Jahren österreichweit rund 11 Mrd. kWh aus Photovoltaikanlagen erzeugt werden. Dies entspricht jener Menge, die bereits heute in Bayern produziert wird. In Vorarlberg soll der jährliche Ausbau an Photovoltaik gemäß Regierungsprogramm verdreifacht werden. Damit soll die Photovoltaik einen wesentlichen Beitrag zum Ziel einer 100% Erneuerbaren Stromversorgung 2030 leisten.
- Umsetzung des Mobilitätskonzepts mit Schwerpunkt Mobilitätsverbund: Energieautonomie kann nur mit einer Trendwende im Verkehr gelingen. Auf Bundesebene wurden dazu ambitionierte Ziele und Maßnahmen für Tarife (u.a. das 1-2-3-Ticket, nationale Buchungsplattform), Infrastruktur (Fahrrad, Öffentlicher Verkehr, Elektromobilität) und Angebot beschlossen. In Vorarlberg wurde 2019 das Mobilitätskonzept 2030 verabschiedet. Darin bekennt sich das Land zu einer Senkung der CO2 Emissionen um 36 Prozent gegenüber 2005. Seitens des Bund möchte man dafür sowohl im Nahverkehr als auch in Regionalverkehr jeweils eine Milliarde Euro in die Hand nehmen. Unser Ziel ist es, gemeinsam mit Bund und Gemeinden das Angebot im Öffentlichen Verkehr weiter auszubauen, damit noch mehr und schnellere Verbindungen für die Menschen im Land zur Verfügung stehen. Zudem sollen die rechtlichen (z. B. StVO) und steuerlichen (Stichwort: ökosoziale Steuerreform) Rahmenbedingungen zur Förderung des Umweltverbundes verbessert werden. Auch hier decken sich die politischen Ziele und Forderungen der Vorarlberger Landesregierung über weite Strecken mit jenen des Bundes.
- Bildung, Informationsaustausch und Wissenstransfer: Bei der Umsetzung des Energieautonomie-Projekts ist es weiterhin ein großes Anliegen, mit der Bevölkerung und den vielen lokalen Akteuren und Pionieren der Energiewende in Kontakt zu bleiben. Bereits heute leben 84 Prozent der Vorarlberger Bevölkerung in einer e5-Gemeinde. Der erfolgreiche Weg unter anderem im Verbund mit den „e5-Gemeinden“ und Energiewirten ist konsequent fortzusetzen. Aus diesem Grund hat die Landesregierung in den ersten Monaten ihrer Arbeit bereits Finanzmittel für den weiteren Ausbau des e5-Programms um bis zu drei weitere Gemeinden 2020 freigegeben und die Fortsetzung des erfolgreichen Programms „Energieautonomie begreifen“ beschlossen.