Energy Globe für „Schnüfner“ Energiegemeinschaft
Das Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz EAG soll im Sommer vom Nationalrat beschlossen werden und ermöglichen, dass im Rahmen von „Energiegemeinschaften“ Strom gemeinschaftlich erzeugt und gehandelt werden kann. Die Energiegemeinschaft Schnifis zeigt, wie die kleinen, lokal und kreislaufwirtschaftlich organisierten Energiegemeinschaften zur Energieautonomie beitragen können. Und gewinnt damit den Energy Globe Vorarlberg 2021.
Gemeinsam unter Strom
Umgekehrt wird Strom zugekauft, wenn die Produktion unter dem Verbrauch der Energiegemeinschaft liegt“, erläutert Bürgermeister Simon Lins die Energiegemeinschaft in Schnifis.
Lokale Kreisläufe: Milch und Strom für Schnüfner Käse
Es ist jedoch ein zusätzlicher Aspekt, der das Projekt preiswürdig macht, nämlich geschlossene, lokale Kreisläufe: Die Sennerei bezieht ihren Strom sowohl von der eigenen PV-Anlage (errichtet als Bürgerbeteiligungsanlage) als auch von der Energiegemeinschaft – dort insbesondere von der Biogasanlage, die dann einspringt, wenn die PV nicht produzieren kann (Schlechtwetter, nachts). So liefert die Landwirtschaft nicht nur Milch für den Käse, sondern auch den Strom für die Produktion. „Restprodukte aus der Sennerei (z.B. Teile der Molke) wiederum werden der Biogasanlage zugeführt und dort verstromt“, erläutert Sennerei-Obmann Markus Hartmann.
Die Landwirtschaft ist also Erzeugerin von Lebensmitteln und Strom bzw. Wärme. Aber es geht noch mehr: Sie liefert mit den Resten aus der Biogasanlage eine hochwertige Grundlage zur Verbesserung des Bodens, der damit zur Artenvielfalt beiträgt und zum CO2-Speicher wird.
„Die Erneuerbare Energie-Gemeinschaft Schnifis wurde neben den zahlreichen hochkarätigen Einreichungen vor allem deshalb als Preisträgerin ausgewählt, weil sie Energie ganzheitlich als Bestandteil einer lokalen und gemeinsamen Nahversorgung versteht. Die zusätzlich zu den dezentralen privaten und gemeindeeigenen Photovoltaik-Anlagen im Zentrum der Erzeuger stehende Biogasanlage bildet das zuverlässige Rückgrat der Stromproduktion – und zusammen mit der Sennerei als größte Abnehmerin plakativ den engen Zusammenhang zwischen Energie und weiteren wichtigen Lebensgrundlagen ab,“ erläutert Jurymitglied Josef Burtscher (Energieinstitut Vorarlberg).
Mehr Ökostrom
Statt eine auf den Eigenverbrauch (und damit wirtschaftlich) optimierte 4- oder 5-kWp-Anlage auf dem halben Hausdach zu installieren, belegen Teilnehmer an der Energiegemeinschaft das gesamte Hausdach und verkaufen den überschüssigen Strom den Nachbarn oder der Gemeinde – zu einem besseren Preis, als die OeMAG den Strom abnehmen würde. Dadurch werden große PV-Anlagen auf Wohngebäuden trotz niedriger Einspeisetarife wirtschaftlich interessant. „Außerdem verbindet das Teilen des nachhaltigen Stroms die Menschen im Dorf“, freut sich Stefan Duelli, der den Strom aus seiner – für ein Zweifamilienhaus stattlich großen – 10 kWp-PV-Anlage künftig in die Energiegemeinschaft einspeisen wird.
Ein eigenes Stromnetz ist dafür nicht erforderlich – die Energiegemeinschaft wickelt ihren Handel im ganz normalen Stromnetz ab. Die Netzbetreiber stellen die für die Abrechnung erforderlichen Daten bereit. Grundlage dafür sind Intelligente Stromzähler an allen beteiligten Anlagen. In Schnifis unterstützt das innovation.lab von illwerke vkw das Projekt aktiv und erprobt Instrumente zur Visualisierung der Stromflüsse und zur Abrechnung.
„Vorausschauender kann ein Beitrag zur in der Energieautonomie bis 2030 avisierten emissionsfreien Stromversorgung kaum angegangen werden. Bleibt zu hoffen, dass dieser heute innovative Zugang möglichst bald zum Standard wird,“ zitiert Josef Burtscher das Jury-Statement.
Vorausschauender kann ein Beitrag zur in der Energieautonomie bis 2030 avisierten emissionsfreien Stromversorgung kaum angegangen werden.Jurymitglied Josef Burtscher (GF Energieinstitut Vorarlberg)
Turbo für die Energieautonomie
„Die Erneuerbare Energie-Gemeinschaften sind ein zentrales Instrument für Bürgerinnen und Bürger, Teil der Energiewende zu werden. Und damit ein Turbo auf dem Weg zum CO2-neutralen Strom, den wir uns im Rahmen der Energieautonomie+ bis 2030 zum Ziel gesetzt haben.“ begrüßt Energielandesrat Johannes Rauch die Entscheidung der Energy Globe-Jury, die Erneuerbare Energie-Gemeinschaft „Schnüfner Strom“ mit dem Energy Globe Vorarlberg 2021 auszuzeichnen.
Denn: Bis 2030 soll der Strom in Vorarlberg CO2-frei aus regional verfügbaren, erneuerbaren Quellen stammen. Neben dem moderaten Ausbau der Wasserkraft setzt die Energieautonomie Vorarlberg dabei vor allem auf Photovoltaik und Biogas. Zentrale Herausforderung dabei ist die erforderliche hohe Ausbaugeschwindigkeit: Auf 30 Häusern täglich müssen bis 2030 PV-Anlagen errichtet werden – oder eine pro Tag auf einer Firma oder einem öffentlichen Gebäude. Mit den „Erneuerbare – Energie-Gemeinschaften“ hält das „Erneuerbare Ausbau-Gesetz (EAG)“, das im Sommer vom Nationalrat beschlossen werden wird ein Ass im Ärmel bereit.
Hilfe durch bundesweite Koordinationsstelle und kostenlose Beratung durch das Energieinstitut Vorarlberg
Damit das Potenzial der Erneuerbaren Energiegemeinschaften voll ausgeschöpft wird, richtet das BMK die bundesweite unabhängige „Österreichische Koordinationsstelle für Energiegemeinschaften“ als Service des Klima- und Energiefonds ein. Sie wird im Rahmen eines Arbeitsprogramms der Plattform Energiegemeinschaften mit allen neuen Bundesländern erforderliches Wissen und Erfahrungen aus Pilotprojekten sammeln und aufbereiten und hat bereits den Betrieb aufgenommen.
Verbreitet wird dieses Wissen in Vorarlberg vom Energieinstitut, wo es in Bälde kostenlose Beratungen für Energiegemeinschaften geben wird. Vorerst für größere und pilothafte Projekte wie jenes in Schnifis, zum Jahreswechsel hin dann auch für Bürgerinnen und Bürger, die sich beispielsweise den PV-Strom mit den Nachbarn teilen wollen.